Jaguar AJV8 – Entwicklungsgeschichte


AJ-V8 – Jaguars neue Motorengeneration

Jaguar AJV8

Wie es letztlich zum AJ-V8 kam- darüber gibt es die wildesten Geschichten und Gerüchte. Viele Jaguar-Fans rümpften die Nase nur beim Gedanken an einen V8, denn dieses Motorenkonzept stand nicht für das was man von einem Jaguar erwartete: Laufruhe und seidenweiche Beschleunigung. In den USA war ein Jaguar mit V8 nichts Neues. So manchen XJS gab’s mit „Yank-Conversion“. Hierzulande konnte man Jaguar und V8 so lange nicht in einem Atemzug nennen bis der AJ-V8 am Horizont erschien, was verwundert, denn Daimler verwendete 2.5 Liter und 4.5 Liter V8-Agregate, welche nicht unbedingt unbritish wirkten. Die Verwunderung löst sich in Verständnis mit etwas Hintergrundwissen auf: Jaguar litt unter der Herrschaft von British Leyland – ein Name der in vielerlei Hinsicht mit dem Untergang der britischen Automobilindustrie in einem Atemzug genannt wird und in Deutsch eine Verballhornung als „British Elend“ erfuhr – mehr oder weniger zu Recht. Gerade das Konzern-Management wollte Jaguar dazu bewegen den Rover V8, welcher auf einem Buick Motor basierte, einzusetzen. Diese widersetzten sich standhaft und sorgten sogar dafür, dass in die Karosserie der auflagenstärkeren Limousine XJ40 nur AJ6-Agregate – also Reihensechser passten. Erst all Jaguar unabhängig wurde und die Gefahr gebannt wurde konnte wieder in Richtung eines V8 gedacht werden.

Jaguar AJ26

 

Jaguars 6-Zylinder hatten eine sehr gute Laufkultur, hingen agil am Gas und brauchten den Vergleich mit anderen Aggregaten -so auch den V8 von Mercedes nicht scheuen. Der V12 war weitaus prestigeträchtiger, jedoch ein sehr großes Aggregat, das enorm viel Platz brauchte und was auch technische Ausreizungsmöglichkeiten von Leistung, Verbrauch und Abgaswerte an seine Grenzen gekommen ist. Weiters verlangten Sicherheitsbestimmungen nach kürzeren Motoren und weniger nach dem monströsen V12.

Der V12 war revolutionär in den 60ern,aber in den 80ern war er zu arbeitsintensiv in der Fertigung und gerade teuere Bauteile kostenden Jaguar mehr als man verdienen konnte. Im letzen Jahr in dem der Motor verbaut wurde war er nicht einmal mehr in den Broschüren gelistet, sondern einzig die Legende hielt Bestellungen aufrecht. Der AJ6 /AJ16 hatte mehr oder weniger die Leistung des V12, wog aber um ganze 120 Kg weniger.

Zukünftige Entwicklungen sollten in Richtung eines kürzeren Motors gehen um, wie erwähnt die Knautschzone zu erhöhen und um Sicherheitsreserven zu schaffen. Weiters sollte das Zylinderkopfdesign ein schnelles Erreichen der Betriebstemperatur ermöglichen um den Komfort zu steigern, aber auch um insgesamt schadstoffärmer zu fahren. Desweiteren sollte der Wirkungsgrad gesteigert und Reibungsverluste gemindert werden um Flottenverbrauch und Emmisionswerte unter Kontrolle zu halten.

Beginn der Entwicklung

Mit diesen Vorgaben wurden einige Alternativen untersucht, so auch ein V6 – als Abwandlung des V12, der den Leistungsverlust mit einem Bi-Turbo ausgleichen sollte, weiters man höre und staune: einen 2-Takt V6 Motor, der dieselbe Laufruhe des V12 haben sollte da er ja die selbe Anzahl an Zündungen pro Motorumdrehungen vollbrachte. Weiters wurden auch Aggregate von anderen Firmen in Betracht gezogen, welche man zukaufen könnte, um sich die enormen Kosten der Entwicklung zu sparen.

Der Rover V8 war selbst ein Kind der 60er und litt unter den gleichen Problemen wie der Jaguar V12, was Effizienz und Emissionen betraf, außerdem kamen aus 4.6l Hubraum gerade mal 220 PS.

Der „AJ12“

Also entschloss man in den späten 80ern, dass man einen komplett neuen Motor entwickeln wollte, welcher den Herausforderungen der kommenden Jahre was den Erwartungen der Kunden, aber auch den Emissionsregelungen und dem Verbrauch betraf gerecht werden konnte.

So machte man sich heran unter dem Codenamen „AJ12″ einen Einzylindermotor (!) zu bauen, um verschiedene Optionen für Brennraum, Ein- und Auslass- und Nockenwellenoptionen testen zu können. Die Daten zeigten dass ein 500ccm mit 26° geneigten Ein- und Auslasskanälen und vier Ventilen das beste Ergebnis bei Effizienz und Performance lieferte.

Diese Erkenntnisse flossen jedoch nicht in den Bau des AJ12 ein, sondern die Daten wurden verwendet, um mehrere Konfigurationen auf Basis eines modularen Motorendesigns zu studieren: Vor allem ein 4.0l V8, 3.0l 6-Zylinder, aber auch 2.0l 4-Zylinder, 5.0 10 Zylinder und schließlich einen 6.0 V12. Sicher gefällt einem die Idee man könnte die meisten Teile wie Kolben und Ventile in alle Varianten, einbauen, die gewonnen Daten jedoch zeigten deutlich, das man sich auf V6, V8 und V12 Motoren konzentrieren sollte. Dieses Projekt wurde nun offiziell AJ26 genannt – 6 + 8 + 12 = 26 😉

Chefentwickler Dave Szczupak und sein Team hatten im Jaguar Entwicklungs-Center in Whitley enorm viel Entwicklungsarbeit in ein V8-Triebwerk gelegt, um einen echten Jaguarmotor zu entwickeln mit dem was man mit der Marke verband: Leistung, Laufruhe und Kultiviertheit. Trotzdem war das Aggregat leicht, relativ klein und effizient.

Ford steigt ein

Jaguar war zu dem Zeitpunkt unabhängig und finanziell nicht gerade in der Lage größere Summen in die Entwicklung zu investieren – ein Entwicklungsprojekt ist noch lange kein Serienmotor!

Da kam Ford auf den Plan, kaufte Jaguar und wollte wohl einen der eigenen V8 in einem Jaguar sehen. Jaguar profitierte enorm von dem Einstieg – man lernte, effizient Fertigungsabläufe zu planen und Baugruppen zu vereinfachen. Von dem was von nun an geschah gab es zwei Versionen die jeder der Beteiligten wohl ein wenig anders erzählt.

Version 1:

Ford sah sich die Entwicklungs-Daten an, war beeindruckt und gab Jaguar die benötigten Entwicklungsmillionen. Man sollte sich lediglich auf den V8 beschränken.

Version 2:

„Bis auf ein Dorf in Gallien ….“ Ford war nicht so nett, sondern sagte Jaguar, sie könnten sämtliche Entwicklungen eines eigenen Motors stoppen. Sie bekamen jedoch das Budget um eine variable Nockenwellensteuerung zu entwickeln für den gerade neuen Ford V8.

Bei Jaguar hatte man sich schon einmal erfolgreich gegen ein aufgezwungenes Aggregat gewehrt. Jaguar nahm das Geld, entwickelte jedoch den eigenen V8 gegen den Willen des Mutterkonzerns. Man schickte Versionen nach Dearborn ins verärgerte Fordwerk wo der AJ26 gegen Fords V8 als Benchmark getestet wurde. Fords eigene Entwicklung hatte schon Unsummen in mehreren Jahren verschlungen, unterlag aber dem Jaguar-Aggregat in jeder Hinsicht. Daraufhin gab man Jaguar den Entwicklungsauftrag eine Low-Tech-Version des AJ-V8 für den Lincoln zu entwickeln (ohne VVT). Fords eigener V8 landete in Pick-Up-Trucks und Lieferwagen, wo er wohl auch hingehörte.
Foto-Quelle: C. Winter