Die Geschichte des Jaguar XJ-S
Inhaltsverzeichnis
Jaguars am längsten produziertes Modell
Die Entwicklung des XJ-S
Der Jaguar XJ-S oder XJS, wie er später genannt wurde war ein Grand Tourer, Grand Tourismo oder simpel ein GT der den Jaguar E-Type ablösen sollte. Das Design des Jaguar E-Type war schon mehr als 10 Jahre alt und bei Jaguar wollte man ein Modell, das nicht nur die immer strenger werdenden Bestimmungen in Jaguars wichtigstem Markt, den USA antizipierte sondern Jaguar auch eine neue Ära im Automobilbau begleiten sollte.
Der XJ-S basiert auf der verkürzten Bodengruppe der Limousine XJ und wurde zwanzig Jahre lang produziert. Vom 10. September 1975 bis 4. April 1996 wurden 119.268 Fahrzeuge gebaut. Dies ist obwohl der XJ-S einen eher schwierigen Start hatte, beachtlich.
Insassensicherheit, Überrollbügel, Dämpfer in den Stossstangen und so manch andere Bestimmung machten es immer unattraktiver einen Roadster zu bauen. So mancher Autobauer hatte mit den für europäische Autos schwierigen Bestimmungen zu kämpfen, deswegen setzte man auch bei Jaguar auf Sicherheit und entwickelte statt eines eher sportlichen Autos ein komfortables Coupé.
Malcolm Sayer war bei Jaguar Designer/Konstrukteur von 1951 bis 1970 und einer der ersten Ingenieure, der die Grundlagen der Aerodynamik in seinem Schaffen umsetzte. Er sah sich selbst eher als Aerodynamiker und weniger als Autostylist. So waren auch Rechenschieber und Logarithmus-Tabellen eher sein Werkzeug. Er erarbeite auf Veranlassung von Sir William Lyons ein Konzept für den XJS. Er verstarb unerwartet, dennoch lief fünf Jahre später der XJ-S vom Stapel. An den originalen Entwürfen von Malcolm Sayer wurde nur wenig verändert.
Dieser Entwurf von Malcolm Sayer sah noch Lüftungsschlitze an der Seite vor, dennoch ist das Konzept des XJ-S klar erkennbar. In Litheratur und Presse ist man uneins ob der XJ-S ein genialer zukunftsweisender Einfall des Jaguar Design Teams war, oder einfach ein vollkommener Missgriff in der Designgeschichte des Unternehmens. Der nachhaltige Erfolg des XJ-S mit über 115.413 Exemplaren und die lange Produktionszeit von 20 Jahren gibt wohl eher der ersteren Gruppe recht.
Das Projekt der Entwicklung des XJ-S wurde unter dem Codenamen XJ21 geführt und begann etwa 1966 als ein erstes Konzeptfahrzeug auf Basis des E-Type entstand und erkennen ließ in welche Richtung es gehen sollte.
Angetrieben sollte der E-Type Nachfolger vom aus dem E-Type bekannten 5,3L V12 werden. Auch wurde bereits damals über einen V8 nachgedacht. Gleich dem V12 sollten dort die Zylinder in einem Winkel von 60° zueinanderstehen. Das Konzept wurde schließlich verworfen, da der V8 nie zur Zufriedenheit der Entwickler performte, was wohl auch am grundlegenen Design lag: Ein Winkel von 90° ist optimal für einen V8. Obwohl das Triebwerk von Jaguar ausgiebig getestet und dokumentiert wurde sind leider keine Abbildungen bekannt.
Sir William Lyons erinnerte sich wohl einige Diskussionen mit Sayer geführt zu haben, aber dennoch war vom Anfang an klar, dass das Styling der Prämisse Aerodynamik untergeordnet war und sein Einfluss auf Sayer eher beratender Natur war. Massgeblich waren netürlich auch die amerikanischen Sicherheitsbestimmungen. Sayers wohl kontroversieller Beitrag zum Styling des XJ-S war die Heckpartie mit seiner mächtigen C-Säule die sich zum Heck hin verjüngt. Obwohl sofort von der Presse verissen, so zeigte sich bei Kundentests gerade das markante Heck als wichtiges Designfeature.
Der Grund für dieses Design war weniger optischer Natur, sondern brachte Verwindungssteiffigkeit, bessere Aerodynamik und bessere Stabilität bei höheren Geschwindigkeiten.
Vereinzelt entstanden Sonderaufbauten auf Kundenwunsch, so wie der unten gezeigte XJ-S von Paul Banham, der ohne die „Flying Buttesses“ wie die integrierte C-Säulen-Strebe auch genannt wird, viel leichter wirkte. Weiters wurden auch die hinteren Seitenscheiben vergrössert.
Der Jaguar XJ-S
Letztlich wurde der XJ-S im September 1975 der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Man erhoffte sich 3000 Stück pro Jahr absetzen zu können, was in Anbetracht dessen, dass vom letzten E-Type im Produktionsjahr 1973 4686 abgesetzt wurden, durchaus realisitsch erschien. Jedoch war der e-Type ien echtes Schnäppchen im Vergleich zum XJS. So kostete der letzte E-Type gaerade mal GBP 3.743,-, während man für einen XJ-S mit GBP 8.900 schon überproportional tief in die Tasche greifen musste. Das war viel, auch wenn man die Inflation in Betracht zieht.
Jaguar verließ den Sportwagenmarkt und überließ ihn Anbietern wie Porsche. Man ziehlte auf neue Konkurrenten wie Mercedes mit dem SL/SLC. Ein 450 SLC kostete 1975 £11.271,- und davon wurden pro Jahr 6000-7000 Einheiten produziert. So gesehen sah man bei Jaguar durchwegs Potential in diesem Segment zu wachsen.
In den USA waren wegen der Abgasvorschriften die Fahrzeuge erheblich Leistungsschwächer und zudem bekam Jaguar ein immer schlechter werdendes Image, was die Qualität betraf – vorsichtig ausgedrückt. Das Zündsystem hatte zudem einige Probleme und alles in allem wurde der XJS auf einer Produktionslinie gebaut, die in den 50ern eingerichtet wurde und zu dem Zeitpunkt schon gebraucht war und aigentlich aus der Zeit des Weltkrieges stammte. Jaguar hatte zudem mit Streiks zu kämpfen und war an Zulieferer gebunden die immer schlechtere Qualität lieferte. Die Konzernmutter British Leyland erwies sich immer mehr als Klotz am Bein – zu deutsch sprach man immer wieder auch von British Elend. Die Produktionszahlen des XJ-S kamen von einem Tief zum nächsten und um die Marke Jaguar wurde es immer dramatischer. 1980 wurden lediglich 1057 XJ-S gebaut.
Mehr zum Jaguar „pre-H.E.“ in unserem Special
Der Jaguar XJ-S H.E.
John Egan wurde 1980 der neue Chef bei Jaguar und verstand es auf Anhieb die Firma in eine andere Richtung zu lenken. Er überredete Jaguars Belegschaft trotz der veralteten Produktionsanlagen auf bessere Qualität zu achten und nahm die Zulieferer in die Pflicht.
Bisher hatte der XJS die Brennräume in den Kolben und die Zylinderköpfe waren flach ausgelegt, was dem Trend und dem Wissen der Zeit entsprach. Der Schweizer Rennfahrer und Konstrukteur Michael May hatte ganz andere radikale Vorstellungen wie ein Brennraum auszusehen hatte, und dieser Ideen nahm man sich bei Jaguar an. Der Motor wurde grundlegend überarbeitet und mit großem Getöse wurde der Relaunch des V12 celebriert. Der H.E., wie der XJ-S nun zusätzlich bezeichnet wurde, war leistungsstärker und erheblich sparsamer als der Vorgänger. Die Einspritzanlage von Lukas wurde durch eine Bosch-Einspitzung ersetzt.
Weiters hatte der XJ-S H.E. eine höhere Übersetzung der Hinterachse, ein verbessertes Fahrwerk und eine vergrösserte Spurweite. Innen war nun der gesamte Innenraum aus Leder und am Armaturenbrett fand man plötzlich Holzfurnier, das auf Alu geklebt war und mit einer dicken Lackschicht überzogen Anmut in den Innenraum brachte.
Der Wirtschaftsaufschwung half auch dem XJ-s auf die Sprünge, sowie auch ein geringerer Preis. Die Presse begann den XJ-S zu lieben und berichtete von totaler Stiller im Innenraum bei 100 mph – was damals wie auch später keine Selbstverständlichkeit darstellte.
Mit dem letzten Jaguar E-Type, der 1974 die Werkshallen verlies, verließ auch für lange Zeit der letzte Roadster die Werkshallen. In Anbetracht dessen, wie viele offene E-Type verkauft wurden, eine kühne Entscheidung. Andererseits hatten die Gesetzgeber in den USA erwogen Cabrios aus Sicherheitsgründen überhaupt zu verbieten. Also so gesehen war die Entscheidung schon nachvollziehbar.
Der Jaguar XJ-SC 3.6
Da auch in den USA der Ruf nach einem offenen XJ-S immer lauter wurde. 1983 wurde der XJ-SC vorgestellt, der erste offene XJ-S. Zeitgleich wurde auch ein neuer Motor vorgestellt – der 3.6 Liter AJ6. Vielen war dieser Ansatz zu halbherzig, was auch zu Unbauten führte. Sinnigerweise wurde der XJ-SC Cabriolet genannt. Die später folgenden Vollcabrios wurde Convertible genannt.
Der XJ-SC baute auf der aktuellen Coupé Karosserie auf. Diese wurde nach der Produktion zur Park Sheet Metal Company in Coventry gebracht, wo man die C-Säule entferte und die Bodengruppe verstärkte. Danach wurden die Rohkarossen zurück ins Jaguar Werk in der Browns Lane gebracht, wo sie lackiert wurden, die mechanischen Teile sowie das Interior wurden montiert. Nach dem „Road-Test“ wurden die XJ-SC zu Aston Martin Tickford Karosseriewerk in Bedworth gebracht wo das Verdeck und die Bügelverkleidung montiert wurde – von wo es dann zurück in die Browns Lane ging um das Exterieur zu montieren und zu einem finalen „Road-Test“.
Endlich, nach einem an Folter grenzenden Produktionsprozess hatte Jaguar einen offenen XJ-S mit Reihensechser auf den die Händler in den USA so gewartet hatten – nur wurde der XJ-SC dort nicht importiert! 5012 Cabriolets – oder zu Deutsch „Bügelcabrios“ – wurden gefertigt, trotzdem war der XJ-SC nicht besonders populär.
Die Einführung AJ6 Liter Motors 1983
1983 debütierte wie erwähnt der 3.6 AJ6 Motor im XJ-SC. Die 6-Zylinder XJ-S gab es zunächst nur mit einem manuellen 5-Gang-Getriebe von Getrag (Getrag 265) und erst später ab 1987 mit der 4-Gang-Automatik von ZF (ZF 4HP22) mit der überarbeiteten Einspritzung. Diese Fahrzeuge wurden nicht in die USA importiert. Den 4-Liter 6-Zylinder gab es dort erst mit dem Face-Lift Modell, und auch der wurde nur selten verkauft. Lediglich einige wenige Exemplare der frühen 3,6er mit manuellem Getriebe gelangten als Graumarktimporte in die USA.
Der AJ6-Motor ist ein Reihensechszylinder, der den geschätzten XK6-Motor ablösen sollte, welcher von seinem Debut 1949 bis in die 1992 hinein produziert wurde und zuletzt bei Militärischen Anwendungen zum Einsatz kam. Der AJ6 war erst der dritte Motor den man bei Jaguar produziert hatte und kam bis 1996 zum Einsatz. Zuerst sollte das Konzept des AJ6 auf einem halben V12 basieren, doch schließlich kam es zu einer kompletten Neuentwicklung. Die 6 Zylinder sind um 30° geneigt um die Bauhöhe zu veringern und es war möglich einen DOHC-Kopf zu montieren. Vom AJ6 gab es einen 3,6L DOHC, welcher im XJ-S zum Einsatz kam, aber auch einen 2,9L OHC-Motor, welcher in den XJ-Modellen verbaut wurde.
Obwohl schon 1989 verfügbar wurde die 4.0L Version des AJ6 erst ab dem Facelift 1991 im XJ-S eingesetzt. Der AJ16 kam 1995 in den XJS und war damit das letzte Motorenupgrade des 6-Zylinders. Dieser Motor war ausschließlich mit dem neuen elektronisch geregelten ZF-Getriebe erhältlich.
Mehr zum AJ6 in unserem Motorenspecial AJ6-AJ16
Der XJ-S 3,6 versprach eine Höchstgeschwindigkeit von 225km/h bei einer Leistung 163 kW (221 PS). Ab 1989 gab es den XJ-S nurmehr mit Kathalysator und die Leistung sank auf 147 kW (198 ECE-PS).
Der 4.0 AJ6 mit 163 kW (222 PS) kam ab ’91 zum Einsatz und wurde vom AJ16 mit 171 kW (233 PS) 1995 abgelöst und erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von 237 km/h.
Das XJ-S Vollcabrio – der Convertible
1985 begann man endlich bei Jaguar mit der Entwicklung eines richtigen Cabrios, hauptsächlich um den US-Markt zu bedienen. Doch die US-Händlerschaft forderte immer lauter. Schließlich wurde bei Hess und Eisenhardt in den USA ein Convertible im Aufrag von Jaguar gefertigt. Mehr dazu in unserem Special. Die ersten Fahrzeuge wurden ende 1986 ausgeliefert und es entstanden 838 Exemplare, welche fast alle in den USA verblieben. Der Hess & Eisenhardt XJ-S füllte die Lücke bis Jaguar 1988 endlich den XJ-S Convertible auslieferte.