Jaguar XK8 und XKR (X100) – Entwicklungsgeschichte


Entwicklungen, die schließlich zum X100 XK8 führten

1975 wurde der XJS mehr schlecht als recht vom Markt aufgenommen. Das lag nicht wie später kolportiert am Design sondern ist eher dem Antrieb geschuldet: Ein durstiger 5,3 Liter V12 ließ sich in Zeiten einer Ölkrise schwer verkaufen. Trotzdem war der XJS das am längsten produzierte Modell in der Konzerngeschichte – vielleicht war er auch seiner Zeit voraus und nahm schon viele Trends der 80er vorweg. Jedenfalls als der XJS vom X100 abgelöst wurde war er schon 20 Jahre produziert worden. Der leise Ruf nach Erneuerung war immer wieder zu hören und bei Jaguar entstanden Studien. Pininfarina nahm sich den XJ-S vor und lieferte eine Spider-Studie. Leonardo Fioravanti, Sergio Pininfarina and Renzo Carli stylten diesen 1978 vorgestellten Wagen.


Pressefoto Jaguar Pininfarina Spider 1978

Als der XJ40 sich anschickte den XJ Serie 3 abzulösen entstanden die Studien des XJ41 und 42, ein Roadster und ein Coupe welche am XJ40 basierten. Eigentlich sollte der V12 dem XJ-S vorbehalten sein und der XJ41/42 – da auf der Limousine basierend mit einem AJ6 Motor angetrieben werden. Nachdem diese Studien jedoch verworfen wurden gab es den XJS ab 1983 mit dem AJ6 Motor.


Pressefoto Jaguar – Designer Keith Helfet arbeitet am Plastelinmodell des XJ42

Die XJ41/42 Studie galt als moderne Interpretation des E-Type und viele Enthusiasten fanden und finden schade dass dieser Anlauf nicht verwirklicht wurde. Im Juli 1982 wurde entschieden, dass diese Studie in ein Produktionsauto münden sollte. Der Jaguar Vorstand Sir Michael Edwards gab grünes Licht und die Produktion sollte 1986 beginnen.

Der Produktname sollte F-Type sein und sollten eine Spur sportlicher als der XJ-S erscheinen und auch im Handling sein. Probleme manifestierten sich im Launch des XJ40 und ein möglicher Start des XJ41/42 wurde auf 1988 verschoben. Ein Grund war, dass die Konkurrenz nicht schlief und rundherum leistungsfähigere Fahrzeuge entstanden und denen sollte der F-Type bei der Markteinführung um nichts nachstehen. Ein Bi-Turbo 4.0 AJ6 mit 330 PS sollte die Lösung sein und bei Jaguar sah man mit guten Verkaufszahlen rosigen Zeiten entgegen. Je näher die Serienreife rückte desto mehr entwickelte sich der F-Type zu einem konzerninternen Herausforderer des XJS, der dank des Sechszylinders und des Cabriolets (Anstatt des Bügelcabrios) keine Anstalten machte dem Ende eines Produktzyklus entgegen zu sehen – was in Anbetracht des seit 1976 kaum veränderten Aussen- sowie Innendesigns bemerkenswert ist. Das Ende des F-Type kam schleichend durch diverse Probleme mit welchen Spezifikationen, Designs und Komponenten der Wagen schließlich gefertigt werden sollte, da die Konfiguration immer mehr auf XJS-Niveau, auch was Leistung und Gewicht betraf kam.

1988 spendierte man dem F-Type-Konzept sogar noch Allradantrieb bei der Turbo-Version, was für noch mehr Gewicht und Probleme beim Fahrwerk sorgte. Als er dann noch bei diversen Tests und Testpublikum positiv abschnitt und Jaguar in dieser Zeit auch über ein gutes Einkommen verfügte erwartete man, dass der F-Type ein durchschlagender Erfolg sein würde.

Die ersten vollkommen fertiggestellen Prototypen entstanden bei Karmann in Osnabrück und sollten nach finalen Tests die Produktion einläuten. Letztendlich wurden auch festgelegt, dass es vom F-Type ein Cabrio und ein Coupe geben sollte.

Das CAR Magazine stellte fest, dass ein Biturbo über 170 mph – das sind mehr als 274 km/h auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Nardo erreichte. Trotz der Entwicklung und dem Fakt dass der F-Type nicht vor 1994 in Produktion gehen sollte wirbelte das Konzept in den Medien viel Staub auf – jeder und wohl auch viele potentielle Kunden warteten schon gespannt auf den Stapellauf des F-Type.

Es kam anders. Ford kaufte Jaguar mit Pot und Pan und bließ die Party im März 1990 ab. Das Projekt hätte nicht vor dem MJ 1995 in den Verkauf gehen können und es hätte Konflikte mit dem geplanten Launch des X300 gegeben. Der F-Type wurde verschleppt und schließlich zu Tode entwickelt.

Schließlich wurde der „F-Type“ vom neuen Jaguar-Eigentümer Ford abgesagt. und viele Enthusiasten fanden und finden schade, dass dieser Anlauf nicht verwirklicht wurde. Doch gibt es Trost:

Ford hatte nicht nur Jaguar gekauft, sondern auch Aston Martin. so verwundert es auch nicht dass der DB7 frappierende Ähnlichkeiten zu den von Karmann gebauten Prototypen aufwies. Jedoch basiert der Aston Martin DB7 nicht auf dem XJ40 oder dem Nachfolger X300, sondern erstand auf der viel älteren Plattform des XJ-S – der wiederum auf einer verkürzten XJ-Plattform aus den 70ern entstanden ist. Der DB7 war ein Projekt der Designern Ian Callum und Keith Helfet. Letzterer hatte schon am F-Type Hand angelegt. Zusammengefasst unter der Ford Premier Autogroup waren Jaguar und Aston Martin Konzernbrüder und so wurden Jaguars Ressourcen für die Entwicklung des DB7 herangezogen. Letztendlich mündeten die Studien zum F-Type im DB7. Auf die Entwicklungen des DB7 wurde dann auch bei der Entwicklung des XK zurückgegriffen. Und in der Tat wirkt der XK8 zuweilen wie eine Weiterentwicklung des DB7. Wer also den „verschollenen“ F-Type haben möchte kann sich getrost einen DB7 kaufen.

Der Designprozess des XK8

Nun der Designprozess des XK8 war ein Vielschichtiger. Der X300 war gerade erfolgreich entwickelt worden und hatte der Jaguar-Mannschaft gezeigt wozu sie fähig war. Der Nachfolger der XJS – der „Neue XJS“ oder der neue „E-Type“ oder „F-Type“ war im Begriff zu entstehen und man war sich noch nicht klar ob es ein weiteres Facelift des alten XJS sein würde (Böse Zungen würden behaupten der DB7 wäre dieses Facelift). Weiters war man bei Jaguar in Begriff etwas zu tun, was man eigentlich – nach damaliger Auffassung – nicht tun sollte: Man entwickelte ein neues Auto und man entwickelte dazu einen neuen Motor.

Der Designprozess startete 1991 und die Designer wurden angehalten, zum einen die Tradition nicht aus den Augen zu verlieren und zum anderen durchwegs auch radikal anders zu sein. Etliche der vorgestellten Studien hätten wohl kaum den Nerf eines XJS-Fahrers getroffen, sicher den so manch anderer Autofans. Diese Studie entstand 1992.

Zum ersten mal lief auch die Entwicklung anders als man bisher an die Sachen herangegangen war. Bis dato lief das so: Designer machten einen Vorschlag, Techniker lieferten eine Lösung unter Kompromissen und Basteleien wurde etwas gebaut, was dann vom Management nicht abgesegnet wurde und man ging zurück an den Start.

Diese 1992 entstandene Studie stammt von Ghia in Turin, dem italienieschen Dsignstudio, das nun Teil von Ford ist. Die Idee dahinter ist eine „Evolution“ des XJS zu machen um die Stammklientel zu bedienen. In dieser Studie mag man auf den ersten Blick an Aston Martin denken. In der Tat sieht die Stosstange ein wenig wie die des DB7 aus.

Der X100 entstand unter der Ägide des Jaguar Chefdesigners Geoff Lawson, der selbst jeden Tag mit seiner kirschroten 1969er Chevrolet Corvette Stingray zur Arbeit bei Jaguar fuhr bis er unerwartet an den Folgen eines Schlaganfalls im Jahre 1999 starb. Einige Jahre später habe ich seine Corvette bei einem Händler, Hardwick Sporting Carriage, gesehen. Das muskulöse archetypische Design der Stingray hat mit sicherheit auch die Arbeit am X100 inspiriert.

Dem XK8 gingen etliche Studien voraus, die sich um das Konzept selbst drehten. Man war sich nicht sicher ob man eher das gemütliche Reisecoupé bauen sollte oder einen XJS-Nachfolger oder nicht doch etwa etwas was am viel älteren Konzept des E-Type orientiert ist. Designteams aus Coventry, aus Italien bei Ghia und aus den USA bei Ford versuchten sich an dem Konzept und in unzähligen „Clinic“-Studien, wo das Resultat einem streng ausgewählten Publikum präsentiert wurde näherte man sich dem Ergebnis. Schließlich überzeugte das „Clay A“-Konzept, das sich anders als andere Studien, nicht in schöner Hochglanzlackierung präsentierte sonders als schnöde Plastelinrohfassung mit aufgemalten Papierscheinwerfern.

 

Epilog

Der X150 folgte dem dem X100 nach. Der X150 war wiederum ein Werk von Ian Callum, der von Aston Martin zurück zu Jaguar kam und bis heute für das Design verantwortlich ist. Mit dem  X150 wurde der Retro-Look bei Jaguar zu Grabe getragen. Der letzte XK150 wurde 2014 gebaut. Der X100 und der X150 setzten die Tradition des E-Type V12 Series 3, und des XJS als geschmeidiger Gran Tourismo fort. Der neue F-Type wurde dem X150 „unter geschoben“ und gilt eher als Sportwagen, denn als GT. Mit dem möchte Jaguar die Jugend zurückerobern – völlig zu recht! Wann es den nächsten Jaguar GT geben wird, das steht in den Sternen oder im Auftragsbuch der Designstudios von Jaguar…